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Was ist Sichtbeton?

Ein Überblick über Sichtbetonklassen und die Anforderungen, die bei Planung, Ausführung und Abnahme von Sichtbetonflächen beachtet werden müssen.

Sichtbeton bezeichnet Betonflächen, deren Oberflächen sichtbarer Teil der architektonischen und innenarchitektonischen Gebäudegestaltung sind. Streng genommen sind damit Betonflächen gemeint, die Kontakt zur Schalungshaut hatten, als sie hergestellt wurden. 

Wichtigste Orientierungshilfe für die Planung und Ausführung ist das Merkblatt Sichtbeton, das vom Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein (DBV) und dem Verein Deutscher Zementwerke (VDZ) herausgegeben wurde. Es richtet sich an Architekt:innen, Planer:innen, Bauunternehmer:innen, Projektüberwacher:innen, Gutachter:innen und Betontechnolog:innen. Die aktuellste Fassung stammt aus dem Jahr 2015.

Das Merkblatt definiert vier Sichtbetonklassen: 

  • SB1 entspricht Sichtbeton mit geringen Anforderungen, wie er in Kellerwänden oder Bereichen mit vorwiegend gewerblicher Nutzung vorkommt. 
  • SB2 entspricht Sichtbeton mit normalen Anforderungen, etwa in Treppenhäusern oder bei Stützwänden. 
  • SB3 entspricht Sichtbeton mit besonderen Anforderungen, zu finden etwa an Fassaden im Hochbau.
  • SB4 entspricht Sichtbeton mit besonders hohen Anforderungen, wie er in repräsentativen Bauteilen im Hochbau verbaut wird. 

Anhand der definierten Klassen kann in der Planung, Umsetzung und Abnahme von Sichtbeton dessen Qualität bewertet werden. Das Merkblatt bündelt außerdem Informationen zur Planung, Ausschreibung, Ausführung und Beurteilung von Sichtbetonflächen. Indem Begrifflichkeiten und Anforderungen an die Umsetzung klar definiert werden, soll zwischen Auftraggeber:innen, Architekt:innnen, Planer:innen und Bauausführer:innen eine klare Kommunikation ermöglicht und das Risiko juristischer Auseinandersetzungen minimiert werden. Es empfiehlt sich daher, das Merkblatt zum Vertragsbestandteil zu machen. 

Beim Einsatz von Sichtbeton müssen neben einer genauen Leistungsbeschreibung auch die Schalhautstruktur, die Materialauswahl und Farbgebung, die Bearbeitung der Betonoberfläche, die Erprobungs- und Referenzflächen sowie die konstruktive Gestaltung beachtet werden. In der Leistungsbeschreibung wählen Planer:innen die Sichtbetonklasse aus der Tabelle im Merkblatt Sichtbeton und beschreiben die geforderten Flächenmerkmale, die Flächenstruktur und eventuelle zusätzliche Forderungen, etwa zur Einfärbung der Flächen.

 

Die Schalungshaut ist entscheidend

Den entscheidenden Einfluss auf die Optik und Qualität des Sichtbetons nimmt die Schalungshaut: Schalungen aus OSB-Platten oder unbehandeltem Holz kreieren sehr unterschiedliche Optiken der Sichtbetonfläche, auch die Holzart selbst beeinflusst das Aussehen. Oft kommen bei der Herstellung von Sichtbeton Systemschalungen zum Einsatz, die fixe Rahmengrößen und Stellen für Schalungsanker vorgeben. Die dadurch vorgegebene Optik kann umgangen werden, indem eine Trägerschalung eingesetzt wird – im Idealfall definieren Planer:innen diese Entscheidung schon in der Leistungsbeschreibung. Bauherr:innen und Bauunternehmer:innen können die Details für die Schalung im Bauprozess anhand von Erprobungsflächen und daraus resultierend einer Referenzfläche gemeinsam festlegen.

Wichtig für die Qualität des Sichtbetons ist außerdem die Zusammensetzung des Betons. Beim Einbauen und Verdichten müssen Phänomene wie Entmischen oder Bluten vermieden werden. Betonverarbeiter:innen können sich an einigen Grundregeln orientieren, die sich in der Praxis bewährt haben. Dazu gehören ausreichend hoher Mörtelgehalt, ein Zementgehalt ≥ 300 kg/m³ und ein w/z-Wert ≤ 0,55. Die passende Konsistenz kann durch Verwendung eines verflüssigenden Zusatzmittels erzielt werden. Um die Farbgebung nicht negativ zu beeinflussen, sollten kein Restwasser oder Restbeton verwendet werden. Bei der Mischung der Ausgangsstoffe sind die Dosierschwankungen so niedrig wie möglich zu halten, weil sich schon geringe Abweichungen erkennbar auf die Helligkeit des Betons auswirken können. Alle Betonproduktionen sollten während der Bauausführung kontinuierlich mit dem gleichen Herstellwerk und den gleichen Ausgangsstoffen durchgeführt werden. Farbgebungen können beispielsweise mit Weißzement, durch farbige Gesteinskörnungen oder Pigmente erzielt werden.

 

Erprobungsflächen für Vergleichszwecke anlegen

Indem der Beton monolithisch verbaut und verdichtet wird, können Schüttfugen vermieden werden. Wie bereits erwähnt, nimmt die Schalungshaut gestalterischen Einfluss auf die Sichtbetonfläche. Neben Holzschalungen und Holzwerkstoffplatten können Matrizen zur Oberflächengestaltung von Sichtbetonflächen eingesetzt werden. Der Einsatz von Matrizen ist auch mit Sichtbeton der höchsten Sichtbetonklasse möglich und garantiert die geforderte Qualität der Betonoberfläche. 

Mit elastischen Schalungseinlagen wie der 2/81 Plafond kann zum Beispiel eine absolut glatte Betonoberfläche hergestellt werden. Weil sie die Rheologie des Betons positiv beeinflusst, schafft sie eine Oberfläche, die den Anforderungen an Sichtbetonklasse 4 entspricht. Matrizen mit einer Struktur können helfen, kleinere Unvollkommenheiten wie Flecken oder Farbunterschiede ausgleichen und so für ein homogenes Erscheinungsbild sorgen. Nach der Entschalung kann Sichtbeton durch nachträgliche Bearbeitung visuell verändert werden, etwa durch Auswaschen, Strahlen oder durch Steinmetz-Bearbeitung. 

Nicht nur aus Gründen der Planungs- und Vertragssicherheit, auch für die Abnahme der Sichtbetonflächen empfiehlt sich die genaue Beschreibung der Anforderungen in der Leistungsbeschreibung und das Anlegen von Erprobungsflächen. Das Merkblatt Sichtbeton empfiehlt die Herstellung von Erprobungsflächen für Vergleichszwecke schon für Sichtbetonklasse SB2. Anhand einer daraus ausgewählten Referenzfläche kann die Qualität festgestellt, die Umsetzung erprobt und der Aufwand festgelegt werden. Anschließend dient sie als Standard, auf den sich Bauherr:innen und ausführende Bauunternehmer:innen für die Abnahme einigen. Neben Faktoren wie Farbgleichheit, Porenbildung und Schalhautstößen wird hier auch vereinbart, dass kleinere Toleranzen bei Textur und Farbton bei der Herstellung von Beton und insbesondere Sichtbeton nicht zu vermeiden sind.

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